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05.04.2004: Westdeutsche Zeitung |
Sie haben nur von ihr geträumtRTL versucht sich an einem "intimen Porträt" von Nena, hat dabei aber einiges versäumt. Von Anne Grages. 100 Prozent Nena, RTL, Sa. 22:15: Es war einmal ein Mädchen aus Hagen, das träumte davon, mit seiner Musik reich und berühmt zu werden. Nena rockte ein paar Jahre hier und da, hüpfte 1982 durch den ARD-"Musikladen" und verkaufte einen Tag später 40000 Singles. Mit "99 Luftballons" begann eine Welt-Karriere, mit Hitparadenerfolgen in Großbritannien und den USA sowie ausverkauften Konzerthallen in Japan. Da war sie 22 und schon ein lebendes Pop-Märchen. Was diese Gabriela Susanne Kerner, die für alle immer Nena geblieben ist, endgültig zum Phänomen macht, ist die Tatsache, dass sich 20 Jahre später der Aufstieg glanzvoll wiederholt. "Ich fand mich gut, und das wussten zu wenig Leute", erklärt die 44-Jährige ihren Antrieb für das fulminante Comeback. Das sagt die vierfache Mutter mit ihrer trotzigen Mädchenstimme so leicht dahin, dass man ihr abnimmt, in all den Aufs und Abs ihres Lebens die unbekümmerte Bodenhaftung nicht verloren zu haben - ein Erzählstoff, aus dem nicht nur Mädchenträume sind. Ihr Fernsehporträt jedoch - RTL eröffnet damit eine Reihe, die sich demnächst auch Udo Lindenberg, Katharina Witt und Boris Becker widmen will - kommt mit all seinen hilflosen Superlativen ("beispiellos", "einzigartig", "ideale Mutter") nicht über eine brave Nacherzählung hinaus. Fleißig hakt der Film Karrierestufen und Männerbeziehungen ab, lässt nicht einmal eine Außenansicht des Jugendzentrums in Hagen-Haspe aus, in dem Nena ihren ersten Teenie-Auftritt hatte. Es ist sicherlich ganz witzig, beim Interview mit ihrer Schwester Nane die Familien-Ähnlichkeitenin Aussehen und Auftreten zu entdecken und in anderen Szenen vor Augen geführt zu bekommen, dass ihr Schlagzeuger Uwe Fahrenkroog-Petersen früher mal gar nicht so schlecht ausgesehen hat. Richtig komisch wird es sogar, wenn die respektvolle Betrachtung unfreiwillig entgleist: Die Mutter erinnert sich an ein fröhliches Kind", die Freundin Nane an ein "winziges süßes Kind". Zu sehen bekommt man ein banges Mädchen, das an seinem ersten Schultag ernst in die Kamera blickt. Einfach abgehakt Insgesamt jedoch bleibt der Film im schon wieder abgenutzten Schnipsel-Stil so beliebig wie ein Sing von Dieter Bohlen. Atemlos hechelt der Kommentar der Biografie hinterher. Die üblichen Ein-Satz-Kommentare von Prominenten (Dirk Bach: "Es ist unfassbar", Udo Lindenberg: "Ich war hingerissen", Wolfgang Niedecken: "Auch ihre Alben mit Kinderliedern gefallen mir") sind nicht mehr als bunte Füllware. Selbst das für Nena lebensbedrohliche Drama um ihr erstes Kind, das wegen mangelnder Sauerstoffversorgung der Mutter behindert geboren wurde und mit elf Monaten gestorben ist, hakt man hier schnell ab. "Das war heftig", darf sie dazu sagen, und dass es immer zu ihrem Leben gehören wird. Ein Jahr lang wollen die Autoren der Produktionsgesellschaft MME Nena und ihre Band begleitet haben, begegnet sind sie ihr dabei nicht. Nie entwickelt dieses spröde einstündige Porträt jene Strahlkraft, die Nena sonst bei jedem kurzen Talkshowauftritt ganz nebenbei verbreitet. Wunder geschehen, RTL war aber nicht dabei. Westdeutsche Zeitung, Samstag, 3.April |
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